Dr. Christian Zwade » Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof

BGH: Anwendbarkeit des Vergleichswertverfahrens bei der Wertfeststellung von Immobilien

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 08.01.2019 (Az. XI ZR 535/17) seine bisherige Entscheidungspraxis zur Anwendbarkeit des Vergleichswertverfahrens bei der Feststellung des Verkehrswerts einer Immobilie sowie der eingeschränkten Haftung finanzierender Banken für den Fall eines sittenwidrig überhöhten Preises fortgeführt.

Der Entscheidung liegt die Klage zweier Erwerber einer sog. „Schrottimmobilie“ zugrunde, die diese im Jahr 2008 erworben hatten. Nachdem sie im Jahr 2010 den Verkäufer auf Rückabwicklung wegen sittenwidriger Überhöhung des Kaufpreises in Anspruch genommen hatten, fiel dieser in Insolvenz. Daher nahmen die Kläger die finanzierende Bank u.a. auf Rückgewähr der auf das Darlehen geleisteten Zahlungen Zug um Zug gegen Übereignung der Wohnung, zudem Feststellung einer Schadenersatzpflicht in Anspruch.

Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Kläger hat der BGH das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.

Nach der aktuellen Entscheidung des BGH obliegt die Wahl der geeigneten Wertermittlungsmethode grundsätzlich dem tatrichterlichen Ermessen. Die Auswahl ist unter Berücksichtigung der Marktgepflogenheiten und weiteren Umstände des Einzelfalls zu treffen. Für Immobilien ist danach der Vergleichswertmethode zur Ermittlung des Werts von Immobilien grundsätzlich der Vorrang einzuräumen, da diese als einfachste und zuverlässigste Methode angesehen werde.

Dies gelte auch dann, so der BGH, wenn eine nur „schmale“ Basis für die Ermittlung des Werts vorliege. Dieser Umstand berechtige den Tatrichter nicht dazu, ohne Darlegung eigener Sachkunde eine andere Bewertungsmethode anzuwenden.

Bestätigt hat der BGH darüber hinaus, dass die einen Immobilienerwerb finanzierende Bank nur präsentes Wissen von einer sittenwidrigen Überteuerung offenbaren muss. Sie sei dagegen nicht verpflichtet, Nachforschungen über den Wert der Immobilie anzustellen. Zwar treffe eine Bank ausnahmsweise eine Aufklärungspflicht unter dem Gesichtspunkt eines Wissensvorsprungs, wenn eine so wesentliche Verschiebung der Relation zwischen Kaufpreis und Verkehrswert vorliege, dass sich dem zuständigen Mitarbeiter der Bank eine sittenwidrige Übervorteilung des Käufers im Einzelfall aufdränge.

Insbesondere sei die Bank auch nicht gehalten, anhand der vorliegenden Unterlagen den Ertragswert exakt oder überschlägig zu berechnen. Eine Kontrolle des intern ermittelten Beleihungswerts im Verhältnis zu den prognostizierten Erträgen des Objekts sei ebenso wenig geschuldet.