BGH: Leiharbeitnehmer bei Ermittlung des Schwellenwerts für die Bildung paritätischer Aufsichtsräte teilweise zu berücksichtigen
Für die Bildung eines paritätischen Aufsichtsrats in einem Unternehmen müssen dort gem. § 1 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG regelmäßig mehr als 2.000 Arbeitnehmer beschäftigt sein. Mit der Zählung der Mitarbeiter, insbesondere der Berücksichtigung von Leiharbeitnehmern, hatte sich der Bundesgerichtshof (BGH) nunmehr zu befassen.
Ausweislich der Mitteilung des BGH Nr. 110 vom 20.08.2019 hatte der Gesamtbetriebsrat einer GmbH beantragt, festzustellen, dass bei dieser und dem sie beherrschenden Unternehmen ein paritätischer Aufsichtsrat nach dem Mitbestimmungsgesetz zu bilden sei. Streit bestand über die korrekte Zählung der Mitarbeiter. Nach den Feststellungen des BGH beschäftigt die GmbH überwiegend fest angestellte Arbeitnehmer, in Abhängigkeit der Auftragslage daneben zu ca. einem Drittel der Belegschaft Leiharbeitnehmer in schwankender Zahl. In dem betrachteten Zeitraum von 15 Monaten lag die Gesamtzahl der beschäftigten Mitarbeiter einschließlich der Leiharbeitnehmer im Durchschnitt stets über 2.000. Die Zahl der fest Angestellten und derjenigen Leiharbeitnehmer, deren prognostizierte oder tatsächliche Beschäftigungsdauer mehr als sechs Monate betrug, blieb dagegen stets unter 2.000.
Der BGH hat die klagestattgebende Entscheidung des Oberlandesgerichts bestätigt. Bei der Ermittlung der Mitarbeiterzahl für den Schwellenwert nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG sind gem. § 14 Abs. 2 S. 5 f. AÜG neben Stammarbeitnehmern auch diejenigen Leiharbeitnehmer zu berücksichtigen, deren Einsatzdauer mehr als sechs Monate beträgt.
Allerdings sei diese Mindesteinsatzdauer nicht arbeitnehmerbezogen, sondern anknüpfend an den jeweiligen Arbeitsplatz zu bestimmen. Unerheblich sei, ob die einzelnen Leiharbeiter überhaupt mehr als sechs Monate in dem Unternehmen beschäftigt seien oder ob sie vor Ablauf dieser Zeitspanne innerhalb des Unternehmens zwischen verschiedenen Arbeitsplätzen wechselten. Vielmehr ist nach dem BGH entscheidend, ob das betroffene Unternehmen Leiharbeitnehmer so dauerhaft einsetzt, dass diese für die Größe des Unternehmens ebenso prägend seien wie die Stammarbeitsplätze.
Ergänzend erachtet der BGH Anhaltspunkte dahingehend, dass die festgestellten Arbeitnehmerzahlen auf einer ungewöhnlichen Ausnahmesituation beruhten, sowie die (im entschiedenen Fall steigende) Tendenz der Zahl an Leiharbeitnehmern als beachtlich. Mit derartigen Überlegungen kann missbräuchlichem Verhalten, beispielsweise der Antragstellung durch den Betriebsrat gerade in Zeiten eines Großauftrags, begegnet werden.