Dr. Christian Zwade » Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof

BGH: nur beschränkte AGB-Kontrolle ärztlicher Aufklärungsformulare

Der Bundesgerichtshof hat in einem Urteil vom 02.09.2021 entschieden, dass Aufklärungs- bzw. Einwilligungsformulare von Ärzten nur eingeschränkt der Kontrolle für AGB-Klauseln nach §§ 305 ff. BGB unterliegen. Diese Beschränkung begründet sich unter anderem durch die besondere Rechts- und Beweislage in Fällen der Arzthaftung.

Ein Verbraucherschutzverband hatte einen Verband von Augenärzten auf Unterlassung bestimmter Formulierungen in einem Patienteninformationsblatt in Anspruch genommen. Dieses informiert Patienten zunächst über die Gefahr, ab etwa einem Alter von 40 Jahren an einem Glaukom (Grüner Star) zu erkranken. Da Symptome möglicherweise nicht frühzeitig aufträten, empfiehlt die Patienteninformation eine Früherkennungsuntersuchung, deren Kosten die Krankenkassen nicht übernehmen. Hierauf folgt eine Textpassage, ausweislich derer bestätigt wird, die Patienteninformation gelesen zu haben und aufgeklärt worden zu sein, dass eine Glaukom-Früherkennungsuntersuchung auch bei Fehlen von Beschwerden aus ärztlicher Sicht angezeigt ist. Sodann hat der Patient die Möglichkeit, anzukreuzen, ob er die empfohlene Früherkennungsuntersuchung wünscht oder nicht, schließlich folgt eine Unterschriftenzeile. Der Kläger hat geltend gemacht, die Erklärung, die Information gelesen zu haben und aufgeklärt worden zu sein, stelle eine Tatsachenbestätigung dar, die nach § 309 Nr. 12 b BGB unzulässig sei.

Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat das klageabweisende Berufungsurteil bestätigt. Die angegriffene Klausel sei nicht unwirksam. Insbesondere weiche sie nicht von gesetzlichen Bestimmungen ab, weshalb eine Inhaltskontrolle nach den AGB-Vorschriften gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB nicht stattfinde. Die Erklärung in der Patienteninformation diene lediglich der Dokumentation, dass der Patient über die Möglichkeit eines symptomlosen Glaukoms sowie einer Früherkennungsuntersuchung informiert und aufgeklärt wurde und sich gegen die Untersuchung entschieden habe.

Die weitere Begründung verweist auf die langjährige Rechtsprechung des VI. Zivilsenats des BGH, nach der für die ärztliche Aufklärung eigenständige Regeln gelten, die auch die Beweisführung betreffen. Diese Grundsätze haben im Jahr 2013 durch das sog. Patientenrechtegesetz Eingang in das BGB gefunden.

Danach muss der Arzt u.a. beweisen, den Patienten über sämtliche für die Einwilligung in eine Behandlung wesentlichen Umstände einschließlich deren Notwendigkeit und ggf. Dringlichkeit aufgeklärt zu haben. Dem Beweis dienen können beispielsweise die ärztlichen Aufzeichnungen in der Krankenakte sowie ein dem Patienten vorgelegtes und von ihm unterzeichnetes Aufklärungs- und/oder Einwilligungsformular oder Merkblatt. In dieser Rechtsprechung zur Haftung des Arztes ist den Aufklärungs- und Einwilligungsformularen nie ein geringerer Beweiswert zugesprochen worden, weil es sich um vorformulierte, allgemein gefasste Formulare handelt. Im Gegenteil erweisen sich solche Formulare für Patienten häufig als vorteilhaft. So können diese umfassende Informationen verständlich vermitteln und bereits im Voraus an Patienten übergeben werden, damit diese sich in Ruhe über einen geplanten Eingriff informieren. Selbst wenn solche Formulare nicht unterschrieben sind, kommt ihnen in Arzthaftungsstreitigkeiten ein Beweiswert zu.

Daher füge sich die angegriffene vorformulierte Aufklärungsbestätigung in das besondere Aufklärungs- und Beweisregime des Behandlungsvertrags ein, stimme also mit der geltenden Rechtslage überein (Quelle: BGH-Pressemitteilung Nr. 168/21 v. 02.09.2021).