BGH: Veröffentlichung von Werken Dritter als (un)wesentliches Beiwerk
Anlass der Entscheidung (Az. I ZR 177/13 – Möbelkatalog) war die Klage eines Künstlers, der von einer Büromöbel-Produzentin Schadenersatz wegen der Veröffentlichung eines seiner Gemälde in ihrem Möbelkatalog und im Internet begehrte. Möbelkatalog und Internetauftritt der Beklagten enthielten neben anderen Abbildungen eine Fotografie, die in einem Raum arrangierte Büromöbel und im Hintergrund ein Gemälde des Klägers zeigte, das er der Beklagten zu Ausstellungszwecken überlassen hatte. Der Kläger war dabei nicht als Urheber des Gemäldes genannt.
Das Berufungsgericht hatte wie die beklagte Möbelproduzentin angenommen, das Gemälde stelle nur unwesentliches Beiwerk der Produktpräsentation dar und dürfe daher ohne gesonderte Vergütung in Katalog und Internet abgebildet werden.
Eingangs hat der I. Zivilsenat klargestellt, dass eine zulässige Benutzung eines Werks als unwesentliches Beiwerk ohne Erlaubnis des Urhebers grundsätzlich auch vorliegen kann, wenn ein Werk im Internet öffentlich zugänglich gemacht wird.
Dabei hat sich die Beurteilung, ob nur unwesentliches Beiwerk vorliegt, an der einzelnen Abbildung, nicht dem Katalog oder Internetauftritt insgesamt zu orientieren, so der I. Zivilsenat unter Verweis auf den Zweck des Urheberrechtsgesetzes, den Urheber an der wirtschaftlichen Nutzung seiner Werke „tunlichst“ angemessen zu beteiligen.
Weiter ist zu prüfen, wie der durchschnittliche Betrachter das Gesamtwerk wahrnimmt. Kann das beanstandete Kunstwerk weggelassen oder ausgetauscht werden, ohne dass dies auffällt oder die Gesamtwirkung des Fotos sich ändert, handelt es sich um unwesentliches Beiwerk. Gleiches gelte für den Fall, dass das umstrittene Werk zwar wahrgenommen werde, aber in keinem Zusammenhang zu dem Gesamtwerk stehe, also zufällig und beliebig austauschbar sei.
Dies sei allerdings nicht schon dann der Fall, wenn die beworbenen Möbel auf anderen Abbildungen mit künstlerisch gestalteten Farbfotografien und sogar mit barock gestalteten Dekorationselementen dargestellt würden, wenn das Werk also erkennbar stil- oder stimmungsbildend sei.
Noch nicht entschieden ist mit diesem Urteil, ob die Nutzung tatsächlich eine Verletzung des Klägers in seinen Urheberrechten darstellt. Hierbei wird das nun erneut entscheidende Berufungsgericht voraussichtlich erörtern, ob die Vereinbarung, dass das Gemälde in der Möbelausstellung gezeigt werden solle, auch die weitergehende Abbildung in Katalog und Internet umfasst.
Die Entscheidung ist aus Sicht der Urheber zu begrüßen; Werbetreibende dagegen müssen sich darauf einstellen, die Dekoration für ihre Präsentationen und Produktfotografien noch strenger zu prüfen. Auch Innenansichten von Praxis- und Geschäftsräumen sind vor dem Hintergrund dieser Entscheidung kritisch zu bewerten. Sind dort Kunstwerke oder Designobjekte zu erkennen, wird man vor dem Hintergrund der aktuellen Entscheidung nicht davon ausgehen können, es handele sich um frei verwendbares Beiwerk.
In jedem Fall sollten mit ausstellenden Künstlern stets Vereinbarungen getroffen und dokumentiert werden, die die Präsentation der Bilder auch als Hintergrund und in anderen Medien sowie die Nennung des Urhebers regeln.