Dr. Christian Zwade » Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof

BGH: weiterhin Ersatz fiktiver Mangelbeseitigungskosten im Kaufrecht

Nachdem im Werkvertragsrecht seit einem Urteil vom 22.02.2018 fiktive Mangelbeseitigungskosten nicht mehr verlangt werden können, verbleibt es im Kaufrecht bei der bisherigen Rechtsprechung des 5. Zivilsenats des BGH. Der Große Senat für Zivilsachen wird zu dieser Frage entgegen ursprünglicher Erwartungen nicht angerufen, so dass die Entscheidungspraxis fortan nicht mehr für sämtliche Vertragsarten einheitlich ist.

Der u.a. für das Immobilienkaufrecht zuständige 5. Zivilsenat hält in seinem Urteil vom 12. März 2021 (V ZR 33/19) an seiner Auffassung fest, dass der Käufer fiktive Mangelbeseitigungskosten vom Verkäufer verlangen kann. Damit endet ein bereits in den Vorinstanzen erfolgreicher Rechtsstreit um Schadenersatz in der Form fiktiver Mangelbeseitigungskosten wegen erneuter Feuchtigkeitserscheinungen in einer Eigentumswohnung nach deren Übergabe an die Käufer.

Zugleich ist damit entschieden, dass im Kaufrecht weiterhin als Schadenersatz statt der Leistung gem. §§ 437 Nr. 3, 280, 281 Abs. 1 BGB der Ersatz "nur" fiktiver Mangelbeseitigungskosten, freilich ohne Umsatzsteuer, begehrt werden kann. Der 5. Zivilsenat des BGH sieht es als nicht vertretbar an, wenn der Käufer eine beabsichtigte Mangelbeseitigung vorfinanzieren müsste. Anderes gelte lediglich für die Umsatzsteuer, die wie bisher nur dann ersetzt werden muss, wenn sie tatsächlich angefallen sei; diese kann daher weiterhin indirekt mit einem Feststellungsantrag betreffend künftige Forderungen geltend gemacht werden.

Das Kaufrecht wirke einer unangemessenen Überkompensation dadurch entgegen, dass der Nacherfüllungsanspruch begrenzt sei. Denn der Käufer könne gemäß § 439 Abs. 4 S. 2 BGB als Schadenersatz nur den mangelbedingten Minderwert verlangen, wenn die Nacherfüllung unverhältnismäßig sei.

Einer Anrufung des Großen Senats für Zivilsachen wegen Divergenz zur neuen Rechtsprechung des 7. Zivilsenats (Urteil v. 22.02.2018, VII ZR 46/17) bedürfe es allerdings nicht. Denn die nun unterschiedliche Spruchpraxis beruhe maßgeblich auf dem Umstand, dass im Kaufrecht - anders als im Werkvertragsrecht - ein Anspruch auf Vorschussleistung nicht bestehe. Der 7. Zivilsenat habe auf Anfrage klargestellt, dass ein zweckgebundener und abzurechnender Vorfinanzierungsanspruch nicht aus dem allgemeinen Schadenersatzrecht abgeleitet werden könne. Da jener nun präzisiert habe, dass er seine Rechtsprechungsänderung allein im Werkvertragsrecht verankert sehe, bedürfe es einer Vorlage an den Großen Senat für Zivilsachen auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung. Eine Übertragung der geänderten Rechtsprechung auf andere Vertragstypen sei nicht möglich.