Dr. Christian Zwade » Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof

BGH zum Wert dreidimensionaler Verpackungs-Formmarken für Waren

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass zwei verkehrsdurchgesetzte dreidimensionale Formmarken für Verpackungen Bestand haben, auch wenn diese lediglich die Vorder- und Rückseite einer Verpackung mit quadratischer Grundfläche sowie zwei seitlichen Verschlusslaschen und einer dritten Verschlusslasche auf der Rückseite zeigen.

Den beiden Beschlüssen vom 23.07.2020 (I ZB 42/19 und I ZB 43/19) lagen jeweils Widerspruchsverfahren gegen die seit 1996 und 2001 eingetragenen Formmarken zugrunde, die die (farbneutrale und unbedruckte) Verpackung für Ritter-Sport-Schokolade in zwei verschiedenen Größen zeigen (BGH-Pressemitteilung Nr. 093/2020).

Ein Konkurrenzunternehmen hatte bei dem Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung der beiden Formmarken beantragt. Während das DPMA die Anträge zurückgewiesen hatte, hatte das Bundespatentgericht in einem ersten Verfahren die Löschung der Marken angeordnet. Diese Entscheidung hatte der I. Zivilsenat des BGH aufgehoben, da die Zeichen nicht ausschließlich aus einer Form bestehen, die durch die Art der Ware selbst bedingt sei; dieses Schutzhindernis gem. § 3 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG liege nicht vor. Das Bundespatentgericht habe aber das weitere Schutzhindernis des § 3 Abs. 2 Nr. 3 MarkenG zu prüfen, namentlich, ob die Formmarken ausschließlich aus einer Form bestehen, die der Ware einen wesentlichen Wert verleiht.

Der Bundesgerichtshof hat diese Frage nunmehr ebenso wie bereits das Bundespatentgericht in seiner vorangegangenen zweiten Entscheidung verneint.

Zur Begründung meint der BGH, das einzige zentrale Merkmal der streitbefangenen Warenverpackungen sei deren quadratische Grundfläche. Diese verleihe der Schokolade indes keinen wesentlichen Wert. Zu beurteilen sei dies maßgeblich aufgrund der betroffenen Warenkategorie, dem künstlerischen Wert der fraglichen Form, ihrer Andersartigkeit im Verhältnis zu den anderen auf dem einschlägigen Markt allgemein genutzten Formen, eines ggf. bedeutenden Preisunterschieds gegenüber ähnlichen Produkten oder der Ausarbeitung einer Vermarktungsstrategie, die hauptsächlich die ästhetischen Eigenschaften der Ware hervorhebe.

Könne anhand objektiver und verlässlicher Gesichtspunkte festgestellt werden, dass die Verbraucher sich maßgeblich wegen des betroffenen Merkmals – hier der quadratischen Grundform - für den Kauf der betreffenden Ware entschieden, liege das Schutzhindernis der maßgeblichen Bestimmung des Warenwerts durch die geschützte Form vor.

Das sei im Fall der Schokoladenverpackungen nicht festzustellen. Weder habe die quadratische Form der Verpackung einen besonderen künstlerischen Wert noch löse diese erhebliche Preisunterschiede gegenüber ähnlichen Produkten aus. Die Vermarktungsstrategie, die mit dem bekannten Werbespruch „Quadratisch. Praktisch. Gut.“ auf die Grundform abstelle, führe allenfalls dazu, dass Verbraucher aus der Form der Schokolade auf einen bestimmten Hersteller schließen und eine mit dem Hersteller verbundene Qualitätserwartung. Das bedeute aber nicht, dass die Verpackung der Ware einen wesentlichen Wert verleihe.