Dr. Christian Zwade » Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof

BGH zur Werbung mit einem als Marke geschützten Testsiegel - "ÖKO-TEST-Siegel"

In drei Revisionsverfahren hat der Bundesgerichtshof (BGH) sich mit dem Markenschutz eines bekannten Testsiegels befasst. Danach stellt es eine Markenverletzung dar, wenn Händler, ohne über einen Lizenzvertrag zu verfügen, das Siegel einschließlich Testergebnissen und Verweisen auf die Test-Fundstellen verwenden, um von ihnen verkaufte Produkte zu bewerben.

Den Entscheidungen (I ZR 173/16, I ZR 174/15 und I ZR 117/17) lagen drei Klagen gegen Versandhändler zugrunde, die bei dem Verkauf von Produkten, darunter eine Baby-Trinkflasche, ein Fahrradhelm, ein Lattenrost sowie ein Kissen, teils in verschiedenen Größen, auf der Angebotsseite das ÖKO-TEST-Siegel einschließlich positiven Testergebnissen und dem Verweis auf die Fundstelle des jeweiligen Tests abbildeten (BGH, Pressemitteilung Nr. 158/2019). Die Klägerin gibt seit 1985 das Magazin "ÖKO-TEST" heraus, in dem sie Waren- und Dienstleistungstests veröffentlicht, darunter auch Tests der betroffenen Waren, allerdings in anderen Farben bzw. nur einer der angebotenen Größen. Beruhend auf ihrer im Jahr 2012 eingetragenen Unionsmarke, die das "leere" ÖKO-TEST-Siegel ohne Testergebnisse darstellt, hat sie die beklagten Händler auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch genommen. Einer der Händler hatte nach der Veröffentlichung des Angebots einen Lizenzvertrag mit der Klägerin abgeschlossen.

Der I. Zivilsenat des BGH hat die in der Berufungsinstanz klagestattgebenden Urteile bestätigt, in einem Fall beschränkt auf den die konkrete Verletzungshandlung betreffenden Unterlassungsanspruch.

Bei der Klagemarke handele es sich um eine bekannte Marke. Dabei müssten die vom Markeninhaber aufgewendeten Investitionen der Marke nicht unmittelbar zugutekommen. Vielmehr genüge es, wenn die Marke mittelbar von diesen profitiere, wie es in den entschiedenen Fällen durch Publikationen unter Verwendung der Marke der Fall sei.

Die Berufungsgerichte hätten zudem eine rechtsverletzende Benutzung der Marke zu Recht bejaht, da die Verkehrskreise das von den Beklagten jeweils verwendete Logo mit der Klagemarke gedanklich verknüpfe. Die Beklagten hätten dem Verkehr eine Information über Beschaffenheit bzw. Qualität ihrer Waren vermittelt, wozu sie sich auf die unter der bekannten Marke des "ÖKO-TEST-Siegels" der Klägerin erbrachte Dienstleistung des Warentests bezogen. Bei der für die Prüfung von Markenverletzungen durchzuführenden Gesamtwürdigung wögen die Bekanntheit der Klagemarke und die hohe Zeichenähnlichkeit derart schwer, dass die Unähnlichkeit der betroffenen Waren und Dienstleistungen nicht ins Gewicht falle. Dabei sei nicht von Zeichenidentität, sondern von hochgradiger Zeichenähnlichkeit auszugehen, da die Händler in die Marke jeweils Testergebnis und -Fundstelle eingefügt hätten. Die von den Beklagten angebotenen Handelsdienstleistungen seien den von der Marke erfassten Dienstleistungen, Verbraucherberatung und -information, nicht ähnlich. Insbesondere erbringe ein Händler, der bei dem Angebot von Waren über deren Eigenschaften einschließlich erzielter Testergebnisse informiere, neben der Handelsdienstleistung nicht zugleich eine Verbraucherberatung und -information.

Schließlich hat der BGH bestätigt, dass die Beklagten durch die angegriffene Zeichenverwendung die Wertschätzung der Klagemarke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausgenutzt bzw. beeinträchtigt hätten. Als unlautere Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder der Wertschätzung einer Marke sei es anzusehen, wenn ein Dritter versuche, sich durch die Verwendung eines der bekannten Marke identischen oder ähnlichen Zeichens in den Bereich ihrer Sogwirkung zu begeben, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und Ansehen zu profitieren, und zudem ohne finanzielle Gegenleistung oder eigene Anstrengungen die wirtschaftlichen Aufwendungen des Inhabers für die Marke auszunutzen. Dies sei in den entschiedenen Fällen zu bejahen, da die Klägerin erhebliche Investitionen in die Schaffung und Erhaltung des Images der Klagemarke unternommen habe und die Beklagten die sich daraus resultierende Werbewirkung ohne eigenen finanziellen Beitrag zunutze gemacht hätten. Daher sei das Interesse der Markeninhaberin, zu kontrollieren, ob die Verwendung ihrer Marke ihren testbezogenen Maßstäben genüge, höher zu bewerten als das Interesse der Beklagten, auf die positive Bewertung ihrer Produkte hinzuweisen.

Die sich in die bisherige Rechtsprechung in markenrechtlichen Angelegenheiten einfügenden Entscheidungen stärken die Rechte von Markeninhabern auch im Bereich von (Test-)Siegeln. Verkäufer und Werbetreibende sollten vor jeder Verwendung von Logos, Testsiegeln etc. prüfen, unter welchen Bedingungen deren Nutzung gestattet ist.