EuGH entscheidet über Urheberrechtsschutz für Muster und Modelle
Der entschiedenen Rechtssache C-683/17 lag eine Anfrage des obersten Gerichtshofs Portugals in einem Rechtsstreit zugrunde, in welchem die G-Star Raw CV dem Konkurrenten Cofemel untersagen wollte, Jeans, Sweatshirts und T-Shirts zu vermarkten, die angeblich eine Kopie der G-Star-Produkte darstellten (EuGH-Pressemitteilung Nr. 109/19). In jenem Rechtsstreit stellte sich die Frage, ob die Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der der urheberrechtliche Schutz unter der besonderen Voraussetzung gewährt wird, dass Muster und Modelle über ihren Gebrauchszweck hinaus eine spezielle ästhetische Wirkung haben.
Dies hat der EuGH bejaht und grundlegend auf seine bisherige Rechtsprechung hingewiesen, dass jeder originale Gegenstand, der Ausdruck einer eigenen geistigen Schöpfung seines Urhebers ist, als ein Werk im Sinne des Urheberrechts anzusehen ist. Daneben gewährten mehrere abgeleitete Unionsrechtsakte Mustern und Modellen einen besonderen Schutz, der ggf. auch neben dem urheberrechtlichen Schutz bestehen kann. Zu nennen sind hier die Richtlinie 98/71/EG über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen sowie die Verordnung (EG) Nr. 6/2002 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster.
Zu berücksichtigen seien jedoch die unterschiedlichen Ziele der verschiedenen Regelungen. Muster und Modelle stellten Gegenstände dar, die zwar neu und individualisiert seien, aber dem Gebrauch dienten und für die Massenproduktion gedacht seien. Deren Schutz sei zwar zeitlich begrenzt, jedoch unter Berücksichtigung der Rentabilität der notwendigen Investitionen. Der weitaus längere Urheberrechtsschutz begünstige dagegen Werke, also Gegenstände, die vornehmlich dem Bereich der Kunst zuzuordnen sind.
Daher dürfe die bewusste zeitliche Beschränkung des Schutzes von Mustern und Modellen nicht dadurch beeinträchtigt werden, dass diesen gleichzeitig urheberrechtlicher Schutz gewährt werde. Ein solcher paralleler urheberrechtlicher Schutz komme daher nur in bestimmten Fällen in Betracht. Eine bloße ästhetische Wirkung genüge hierfür schon wegen des sehr subjektiven Schönheitsempfindens nicht. Vielmehr müsse nachgewiesen werden, dass der Gegenstand mit hinreichender Genauigkeit und Objektivität identifizierbar sei, zudem eine geistige Schöpfung darstelle, die die Entscheidungsfreiheit und Persönlichkeit des Urhebers widerspiegele.
Mit dieser Entscheidung stellt der EuGH deutlich klar, dass die aus Hersteller- und Designersicht wünschenswerte Verlängerung des rechtlichen Schutzes von Gebrauchsgegenständen über das Urheberrecht enge Grenzen gesetzt bleiben und auch den Interessen der Wettbewerber erhebliche Bedeutung zukommt. Welche Designs und Muster in der Praxis diesen Schutz genießen, ist nach wie vor Frage der Beurteilung im Einzelfall.