Dr. Christian Zwade » Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof

Informationspflichten des Arztes nach Weiterüberweisung

Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 26.06.2018 (Az. VI ZR 285/17), dessen ausführliche Begründung inzwischen vorliegt, entschieden, dass ein Arzt seine Pflichten gegenüber einem Patienten verletzt, wenn er ihn nicht über eine schwerwiegende Diagnose informiert, von der er durch einen Arztbrief eines nachfolgenden Behandlers Kenntnis erhält. Dies gelte auch dann, wenn die Behandlung bei ihm bereits seit mehreren Monaten beendet ist. Ein auch vormals behandelnder Arzt muss demnach sicherstellen, dass der Patient von einer bedrohlichen Diagnose in einem Arztbrief unverzüglich Kenntnis erlangt.

Der Entscheidung lag die Klage eines Patienten gegen seine langjährige Hausärztin auf Schadenersatz und Schmerzensgeld zugrunde. Der Patient rügte eine fehlende Sicherungsaufklärung. Die Hausärztin hatte ihn ca. vier Monate zuvor wegen Beschwerden in fachärztliche Behandlung überwiesen. Seither hatte sie lediglich einen Arztbrief einer Klinik erhalten, in dem über die operative Entfernung einer Wucherung und den noch ausstehenden Gewebebefund informiert wurde. Dieser Brief wurde auch an die Fachärztin übersandt. Später erhielt die Hausärztin einen weiteren Brief der Klinik, wonach es sich bei der Wucherung um einen aggressiven Tumor handelte und der Patient sich in spezialfachärztliche Behandlung begeben solle. Die Hausärztin benachrichtigte den Patienten erst etwa 15 Monate später anlässlich einer anderen Behandlung von dem Befund. Er musste sich wegen eines Rezidivs weiteren Operationen unterziehen.

Der BGH hält fest, dass die Verantwortung für das Behandlungsgeschehen nach Überweisung an ein Krankenhaus zwar grundsätzlich auf die dortigen Ärzte übergeht. Der Schutz des Patienten gebiete aber, dass auch der nicht mehr behandelnde Arzt für dessen hinreichende Information sorge, insbesondere wenn einem Arztbrief entnommen werden könne, dass die Klinik den nicht mehr eingebundenen Hausarzt als weiterbehandelnden Kollegen ansähe. Ob auch anderen Ärzten ein Versäumnis vorzuwerfen sei, spiele für die Haftung dann keine Rolle.

Zugleich hat sich der BGH mit der Frage befasst, wann die unterlassene Information des Patienten einen groben Behandlungsfehler darstellt. Entscheidend sei neben der Formulierung des Briefs, ob dessen Adressat davon ausgehen könne, dass auch ein den Patienten noch behandelnder Kollege die Information erhalte. Schließlich müsse gerade ein langjährig Behandelnder davon ausgehen, dass der Patient ihn im Krankenhaus als Ansprechpartner nenne.