Verträge zwischen Banken im bargeldlosen Zahlungsverkehr und Drittschadenliquidation
Diese Rechtsgrundsätze hält der Bundesgerichtshof (BGH) im Urteil vom 14.05.2024 (XI ZR 327/22) fest, mit dem er über die Schadenersatzklage von Bankkunden gegen einen Zahlungsdienstleister entschied. Die Kläger hatten im Zuge eines Investmentauftrags ihre Bank angewiesen, eine Überweisung in sechsstelliger Höhe auf ein Bankkonto der Investmentgesellschaft auszuführen. Die Bank belastete das Konto ihrer Kunden in entsprechender Höhe und übermittelte den Zahlungsauftrag an eine andere Bank, die diesen an die Beklagte weiterleitete. Letztere schrieb dem Bankkonto der Investmentgesellschaft den Betrag gut. Fünf Tage vor der Gutschrift hatte die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht dem Investmentunternehmen die Annahme von Publikumseinlagen untersagt, deren Kontoverbindungen und Depots gesperrt und der Geschäftsführung Handlungen ohne Zustimmung von der Aufsicht eingesetzter Untersuchungsbeauftragter verboten. Hiervon erfuhr der Beklagte einen Tag vor der Gutschrift der klägerischen Überweisung. Über das Investmentunternehmen wurde in der Schweiz das Konkursverfahren eröffnet. Die an der Überweisung beteiligten Banken haben etwaige Ansprüche gegenüber dem jeweils nachfolgenden Überweisungsbeteiligten an die Kläger abgetreten.
Der BGH hat das klagestattgebende Berufungsurteil aufgehoben und das Verfahren zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die beklagte Zahlungsdienstleisterin habe eine Warn- und Hinweispflicht gegenüber der sie beauftragenden Bank verletzt. Zwar sei ein Zahlungsdienstleister nur zur schnellen, technisch fehlerfreien Abwicklung tätig und müsse sich im bargeldlosen Zahlungsverkehr im Regelfall nicht mit dem dahinterstehenden Valutaverhältnis befassen. In Ausnahmefällen sei es jedoch nach Treu und Glauben geboten, den Zahlungsauftrag nicht ohne vorherige Nachfrage beim Kunden auszuführen, wenn diesem ein Schaden drohe. Das sei der Fall, wenn dem Dienstleister bekannt sei, dass der wirtschaftliche Zusammenbruch des Zahlungsempfängers unmittelbar bevorstehe oder der begründete Verdacht bestehe, dass der Kunde mit dem Zahlungsvorgang einen Dritten in strafbarer Weise schädigen wolle. Zu einer allgemeinen Prüfung, ob dem Kunden im bargeldlosen Zahlungsverkehr Risiken drohten, sei die Bank aber nicht verpflichtet. Im entschiedenen Fall habe für das Entstehen einer Warnpflicht bereits genügt, dass der Investmentgesellschaft die Entgegennahme von Publikumsgeldern untersagt und die Verfügungsbefugnis über ihr Vermögen entzogen worden sei; das habe evident gezeigt, dass es an einem ordnungsgemäßen Geschäftsgang fehle und Anlegergelder gefährdet seien. Unerheblich sei, ob die Verfügungsbeschränkungen dem Einsetzen eines starken Insolvenzverwalters nach deutschem Recht entspreche oder nur ausgehende Zahlungen von den Untersuchungsbeauftragten untersagt worden seien.
Allerdings entfalteten die Vertragsverhältnisse zwischen den Banken und Zahlungsdienstleistern keine Schutzwirkung zugunsten Dritter. Der Bankkunde könne, wenn eine vertraglich mit ihm nicht verbundene Bank eine Warnpflicht verletze, Schadenersatz aus abgetretenem Recht seiner Bank im Wege der Drittschadenliquidation geltend machen. Dabei komme dem klagenden Bankkunden die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens mit der Folge einer echten Umkehr der Darlegungs- und Beweislast zugute.
Schließlich hat der BGH für die Verjährung in derartigen Fällen der Drittschadenliquidation klargestellt, dass es für die den Lauf der Regelverjährung nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB auf die Kenntnis des Vertragspartners des Schädigers (im entschiedenen Fall der zweiten beteiligten Bank) ankommt. Nur wenn dessen Kenntnisstand nicht ausreiche, um den Lauf der Verjährungsfrist auszulösen, sei auf die Kenntnis des Abtretungsempfängers abzustellen.