Dr. Christian Zwade » Rechtsanwalt beim Bundesgerichtshof

VW-Dieselskandal und BGH

Der Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt am 05.05.2020 den ersten VW-Dieselfall, der sich mit der Frage beschäftigt, ob und inwieweit Käufer Ansprüche gegen die Volkswagen AG wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung geltend machen können (Az. VI ZR 252/19).

Der Käufer begehrt von VW die Zahlung des Kaufpreises seines von dem „Dieselskandal“ betroffenen Fahrzeugs Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs. Während das Landgericht die Klage abgewiesen hat, sprach das Berufungsgericht die Ansprüche wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung gegen VW nach § 826 BGB zu, rechnete für gefahrene Kilometer jedoch einen Nutzungsersatz im Wege des Vorteilsausgleichs gegen. Das Berufungsgericht hat die Revision gegen sein Urteil zugelassen. Beide Parteien haben Revision eingelegt.

Mittlerweile haben sich zahlreiche Obergerichte in Deutschland mit der Frage beschäftigt, ob die Volkswagen AG aufgrund des sog. „Dieselskandals“ nach § 826 BGB i.V.m. § 31 BGB verpflichtet ist, den Kaufpreis für das von ihr mit einer sog. „Betrugssoftware“ ausgestattete Fahrzeug Zug um Zug gegen Rückübereignung des Fahrzeugs zu erstatten. Die überwiegende Meinung der obergerichtlichen Rechtsprechung bejaht solche Ansprüche, so haben bereits das OLG Dresden (Urteile v. 07.04.2020 - 9a U 2423/19 und vom 05.03.2020 - 10a U 1834/19 und 10a U 1907/19), das OLG München (Urt. v. 15.01.2020 - 20 U 3247/18), das OLG Hamburg (Beschl. v. 13.01.2020 - 15 U 190/19, das OLG Düsseldorf (Urt. v. 18.12.2019 - 18 U 58/18), das OLG Karlsruhe (Urt. v. 19.11.2019 - 17 U 146/19), das OLG Oldenburg (Urt. v. 21.10.2019 - 13 U 73/19), das OLG Stuttgart (Urt. v. 24.09.2019 - 10 U 11/19) und auch das OLG Köln (Beschl. v. 03.01.2019 - I-18 U 17/18) Ansprüche der Käufer gegen VW wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung zugesprochen.

Unterschiedlich bewertet wird von den Instanzgerichten bislang jedoch die Frage des Vorteilsausgleichs und der deliktischen Zinsen. Während manche Gerichte für die mit dem Fahrzeug gefahrenen Kilometer und die insoweit gezogenen Nutzungen eine Anrechnung der aus der Nutzung gezogenen Vorteile vornehmen, lehnen dies andere aus Wertungsgesichtspunkten ab oder rechnen nur bis zum Zeitpunkt der Geltendmachung des Rückgabebegehrens gegen. Auch bei der Frage, ob und inwieweit zu dem gezahlten Kaufpreis deliktische Zinsen nach § 849 BGB hinzukommen und vom Käufer gegen VW beansprucht werden können, ist die Entscheidungspraxis der Untergerichte bislang völlig uneinheitlich.

Alle Berufungsgerichte lassen - soweit ersichtlich - in solchen Fällen die Revision zum BGH zu. Rechtsschutzversicherer erteilen in diesen Fällen ihren Versicherten regelmäßig Deckung. Insoweit spricht bei erteilter Deckungszusage des Rechtsschutzversicherers nichts dagegen, insoweit nicht zugesprochene Ansprüche vor dem BGH weiterzuverfolgen, bis dieser die maßgeblichen Grundsatzfragen geklärt hat.