Zuzahlungsverzicht bei medizinischen Hilfsmitteln erlaubt
Dieser Entscheidung lag ein Unterlassungsbegehren eines Wettbewerbsvereins gegen ein Unternehmen zugrunde, das im Internet mit medizinischen Hilfsmitteln, z.B. zur Behandlung von Diabetes handelt. Dieses Unternehmen warb damit, dass seine Kunden die gesetzliche Zuzahlung nicht leisten müssten, da es diese übernehme. Hiergegen wandte sich der klagende Verein mit dem Argument, diese Werbung verstoße gegen die Regelungen zur Zuzahlung in § 33 SGB V. Außerdem stünde das gesetzliche Verbot von Werbegaben in § 7 Abs. 1 HWG (Heilmittelwerbegesetz) einem solchen Rabatt entgegen.
Wie der BGH in seiner Pressemitteilung 220/16 vom 01.12.2016 informiert, hat er das klageabweisende Urteil des Landgerichts wiederhergestellt.
Begründet wird dies zunächst damit, dass die gesetzlichen Zuzahlungsregelungen schon dem Grunde nach in wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten nicht zur Begründung einer Rechtsverletzung herangezogen werden können. Denn diese dienen nicht dem Schutz von Mitbewerbern.
Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass, selbst wenn ein Verstoß gegen die Vorschriften des SGB V zur Zuzahlung vorläge, jedenfalls ein Mitbewerber keine Rechte hieraus ableiten könnte. Mit anderen Worten erweist sich nicht jedes Unterlassungsbegehren als berechtigt, vielmehr sind tatsächliche Rechtsverletzung und die Frage, wer diese rügen darf, jeweils gesondert zu prüfen.
Es liege auch kein Verstoß gegen die gesetzlichen Zuzahlungsregelungen vor, denn die Zuzahlungen bei Hilfsmitteln stehen ausschließlich dem Leistungserbringer zu, nicht jedoch den Krankenkassen. In Höhe der zu leistenden Zuzahlung verringert sich der Vergütungsanspruch des Hilfsmittel-Lieferanten automatisch. Daher nimmt der BGH an, dass der Hilfsmittel-Verkäufer über seine eigene Vergütungsforderung selbst entscheiden, also auch auf einen Teil verzichten kann. Eine andere Rechtslage besteht allerdings bei Arzneimitteln, bei denen die Krankenkasse Inhaber der Zuzahlungsforderung wird.
Schließlich bewertet die aktuelle Entscheidung den Zuzahlungsverzicht auch nicht als verbotene Heilmittelwerbung. Denn das Heilmittelwerbegesetz verbiete in § 7 Abs. 1 Nr. 2a Rabatte in Form eines bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrags nur für preisgebundene Arzneimittel. Hilfsmittel, wie in dem vorliegenden Verfahren im Streit, sind hiervon ebenso ausgenommen wie nicht preisgebundene Arzneimittel. Die Zuzahlungen für Heilmittel sind auf eine „bestimmte Art“ in diesem Sinne zu berechnen, namentlich nach den Bestimmungen in §§ 33 Abs. 8, 61 S. 1 SGB V auf der Grundlage des Abgabepreise.